Dienstag, 1. März 2011
Danny Boyle '127 Hours'
Aron Ralston (James Franco) ist mit seinen 26 Jahren ein ganz normaler junger und gesunder Mann. Er hat einen guten Job, ist sich seines Egos mehr als bewusst und sucht an den Wochenenden immer wieder die Canyons auf, um dort zu klettern. Er fährt Mountainbike wie ein Profi und klettert ebenso rasant und versiert in den Bergen. Durchtrainiert wie er ist und erfahren in den Canyons von Utah, wo er jeden Millimeter kennt, kann ihm dabei auch nichts passieren. Denkt er. Wie fast jedes Wochenende bricht er eines Morgens im Jahr 2003 hektisch zu einer neuen Tour auf, um die Freiheit und die Weite der Natur zu erobern, die sich allerdings bald für ihn als absoluter Albtraum entwickeln wird. Er trifft zuvor noch auf zwei Wanderinnen, die er in die Geheimnisse des Canyons einweiht, und sie haben jede Menge Spaß zu Dritt, was die Aufzeichnung seiner digitalen Kamera beweist. Dennoch verabschiedet er sich schnell von den beiden Frauen und flüchtet in sein geliebtes Bergabenteuer, das mindestens ebenso schnell in einer scheinbar ausweglosen Situation mündet: Unbedacht und siegessicher klettert er in den Canyons herum und fällt plötzlich in eine Felsspalte, wobei er einen schweren Steinbrocken mit sich reißt, der seinen rechten Arm – und damit ihn - an einer Felswand einklemmt. Noch ist ihm das Ausmaß der Situation nicht bewusst, und er fängt höhnisch an zu lachen. Aber bald wird ihm klar, dass ihn der Stein auf immer gefangen hält, wenn er keine Lösung dafür findet. 127 Stunden später hat er sie, die Lösung, auch wenn sie bedeutet, dass er sich selbst einen Arm amputieren muss ...
Quelle: www.kino-zeit.de



Eine Mann gefangen in einer Felsspalte - um damit 90 Kino-Minuten spannend zu füllen bedarf es schon einen besonders guten Regisseur und einen überzeugenden Hauptdarsteller. Als Glücksgriff erweist sich dabei der charismatische James Franco ("Milk"), der sein Talent bei solchen Gross-Produktionen bisher nur aus zweiter Reihe einbringen konnte. Hier kann er beweisen, dass er auch in der Lage ist einen Big Budget Film allein zu tragen - im wahrsten Sinne des Wortes wenn man bedenkt, dass er bis auf wenige Szenen ganz allein zwischen den Felsen steckt. Das eigentliche Lob muss jedoch an Regisseur Boyle gehen, der ein weiteres Mal einen ungewöhnlichen Stoff mit seiner visuellen Stärke zum Leben erweckt. Ihm gelingt dabei das grosse Kunststück, eine einzelne Person auf derart engem Raum beschränkt zu inszenieren ohne dass es wie künstlich in die Länge gezogen oder schlimmstenfalls sogar langweilig wirkt. Im Gegenteil, je mehr seinem Protagonisten die ausweglose Situation bewusst wird und die Vorräte zuneige gehen, desto mehr leidet der Zuschauer mit ihm, um im finalen Rettungsversuch die Schmerzen fast schon körperlich zu spüren. Boyle schafft es mit seinen bereits aus vorherigen Produktionen bekannten Stilmitteln eine Spannung aufzubauen, die uns seinem Hauptdarsteller näherbringt ohne die Situation selbst aus dem Auge zu verlieren. Dazu gehören nicht nur geschickt eingestreute Rückblenden, sondern im Verlauf der Handlung auch irreale Einzelmomente ausgelöst durch Hunger-Halluzinationen sowie am Ende durchgehende Bild-Splittings. Hinzu kommen beeindruckende Aufnahmen, die dynamisch zwischen gewaltigen Landschaftspanoramen und der detailverliebten Kleinst-Perspektive wechseln und damit immer auch das jeweilige Innenleben des Gefangenen projizieren. Aus diesen vielen Einzelteilen baut Boyle eins der dramatischten Kino-Ereignisse des letzten Jahres (auch wenn er hierzuladen gerade erst angelaufen ist). Nach "Trainspotting", "The Beach", "Sunshine" und "Slumdog Millionär" hat der britische Regisseur ein weiteres Meisterwerk auf die Leinwand gezaubert.
Bewertung: 9/10 (Moviepilot Prognose 8)

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